Donnerstag, 4. März 2010

These 2: Das Internet verändert alle Medien

Wer sind eigentlich die Treiber des (digitalen) Medienwandels heute, 500 Jahre nach Gutenberg und 50 Jahre nach der Industrialisierung der Medienbranche, zu Beginn des Zeitalters der „Connected Worlds“? Sind es Google, Apple und Co. oder ist es die Internettechnologie, die Digitalisierung aller Lebens- und Geschäftsprozesse? Auf wen müssen wir schauen und nach wem müssen wir uns richten, wenn wir selbst neue Medieninnovationen auf den Weg bringen wollen, wenn wir selbst das Verlegen neu erfinden wollen?

Gehen wir einfach mal von der These aus: Digitalisierung und Internet sind die Tempo und Richtung bestimmenden Treiber des Medienwandels. Die nächste Frage ist dann sofort: Was heißt Medienwandel? Heißt Medienwandel, dass digitale Medien zusätzlich zu den traditionellen Print-Medien hinzukommen und diese als die bessere Alternative langsam oder schneller verdrängen und irgendwann ganz ablösen? Wie wir dem Motto „Connected Worlds“ der CeBIT 2010 entnehmen können, sind die Folgen des Internets ja nicht auf die Verlags-, Medien- und Kommunikationsbranche beschränkt, sondern durchdringen und verändern alle Lebens- und Geschäftsbereiche.

Es geht nicht nur darum, dass Print an Auflage verliert und die neuen digitalen Medien an Auflage gewinnen. Es geht darum, so die These: Digitalisierung und Internet verändern ALLE Medien, also auch die traditionellen Print-Medienformate, und führen zu einem neuen Nutzungsprofil und einer neuen Arbeitsteilung aller Medien. Künftig gilt, mit dem neuen Verständnis der originären Mehrwerte aller Medienformate und Plattformen, egal ob digital oder gedruckt, neuartigen und besseren Nutzen für den Kunden zu schaffen. Am besten gemeinsam mit dem Kunden, denn ohne ihn, geht es sowieso nicht. Mit einem solchen „breiten“ Ansatz erübrigt sich auch sofort die innovationsfeindliche Kannibalisierungsfrage.

Es genügt längst nicht mehr, die Printmedien oder selektive Teile derselben nur auf die neuen digitalen Trägerplattformen zu kopieren oder zu adaptieren oder diese um spezielle Online- oder Mobile-Fassungen zu ergänzen. „Expand your brand“ ist bestenfalls ein kurzer Zwischenschritt, aber kein Leitstrahl in die verlegerische Zukunft.

Kurze Replik: Die Zukunft von Print heißt „Print Plus“ hat der VDZ am 21. Januar 2010 erkannt. Das katapultiert mich zurück in das Jahr 1996. In diesem Jahr hatte ich bei einem großen internationalen Fachverlag die "Loseblattwerk-3Plus" Produktschiene gelaunched, jedoch mit einer anderen Intention, als der Verband im Jahr 2010. Das Loseblatt-Werk-3Plus (Loseblattseiten puls CD-Rom plus Internetdatenbank) läutete die schrittweise Migration der Inhalte vom Papier ins Internet ein, schrittweise angepasst an das Umstellungstempo des Kunden und seiner Geschäftsprozesse, im Rahmen einer bereits existierenden Abo-Beziehung. Die Migration ist längst beendet, die Kunden und die Loseblatt-Fachinformationen sind seit Jahren im Internet und lagern sich als (paid content) Informations-Layer über die digitalisierten Geschäftsprozesse der Kunden.

These 2 teilt die Meinung des VDZ insoweit, dass Print eine Zukunft hat. Ich habe die VDZ-These jedoch so verstanden, dass durch die Hinzufügung von technischen und digitalen Add-ons, die Lebensdauer der bisherigen Printformate auf Dauer verlängert werden kann. Das Ziel dieser mutig als Schlüsseltrend ausgerufenen Vision ist, mit dem Hinzufügen von technischen (need-to-have oder nice-to-have) Gadgets das herkömmliche Printprodukt bestandssicher zu machen. Das ist eine andere, die originären Print-Weiterentwicklungspotenziale ausblendende Leitlinie. Meine Vision von der Zukunft Print heißt, mutigen Pionieren abgeschaut: „reduce to the max“. Mehr hierzu in Kürze in These 5 "Verlinkung und Vernetzung".

1 Kommentar:

  1. Anmerkungen zu manchen Statements:

    "... digitale Medien an Auflage gewinnen..."
    => solange Datenträger im Spiel sind kann man noch von Auflage sprechen. Im Internet ändern sich die Messwerte in: Traffic, Konversionen,etc. Und die Publishing-Plattform muss performant bleiben auch bei Lastspitzen. Da tun sich neue Herausforderungen für die klassischen Verlage auf.

    "... originäre Mehrwerte aller Medienformen ..."
    => Der Begriff "originär" könnte gefährlich sein, da es ja genau darum geht das bisherige, traditionelle Verständndis in Frage zu stellen und zu überdenken. Vielleicht ist "spezifische" Mehrwerte besser ?

    "... lagern sich als (paid content) Informationslayer über die digitalisierten Geschäftsprozesse der Kunden."
    => Ich würde formulieren: ... Informationslayer unter die digitalisierten Geschäftsprozesse ...", denn in vielen Fällen werden diese Informationen nur noch unterstützende Funktion haben. Software-Systeme,welche die Geschäftsprozesse unterstützen, werden immer stärker das früher publizierte Fachwissen beinhalten (z.B. in Form von Regelwerken, Assistenten, etc...).

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