Vielleicht
haben Sie jedoch auch an die haptisch-sensuelle Oberfläche und das edle Design
ihres brandneuen Tablets- oder eReaders gedacht, auf dem sie mittlerweile
hunderte von Musikfiles und immerhin bereits dutzende von „schönen“ (digitalen)
Büchern oder Magazinen aus einem Webshop, also dem digitalen Buchhändler ihres Vertrauens, auf Ihr edles Gerät
heruntergeladen haben, das es zudem automatisch in ein wunderschön gestaltetes
virtuelles Bücherregal gelegt hat. Natürlich mit all den Gedanken und Notizen,
die sie beim ein- oder mehrmaligem Lesen gehabt haben und flugs, mit einem
ebenso schönen Digitalstift, direkt in ihr digitales Buch geschrieben haben. Design matters und wie sehr dies gerade
auch für digitale Hör-, Seh- und Leseplattformen und nicht nur für Bücher auf
Papier gilt, haben die Verlage von Apple lernen dürfen oder müssen, je nachdem
wie sie das sehen (wollen).
Soweit so gut.
Dass das Kulturgut Buch sich nicht
über das Trägermedium Papier definiert ist, auch wenn wir dies über
Jahrhunderte vergessen zu haben scheinen – Sie erinnern sich, es gab vor dem Trägermedium
Papier bereits andere Trägermedien
für Inhalte – ist mittlerweile nicht nur
in der Verlagswelt, sondern auch in der politischen Welt angekommen. Getrieben
von den big A’s Apple und Amazon und dem Vorreitermarkt USA denken jetzt auch
hierzulande alle Verlage daran, am eBook-Boom teilzuhaben, anstatt weiter die
Augen zu verschließen. Die gerade zurückliegende Buchmesse 2012 mag dafür ein
beredtes Beispiel gewesen sein. Ich möchte jedoch heute gleich einen weiteren
Schritt in die Zukunft machen. Dieser könnte gerade für jene Verlage, die
bisher noch keine eBooks und eMagazine verlegt haben, eine interessante und
erfolgskritische Option sein.
Die Frage
lautet: Müssen eBooks denn immer nur down-ge-loaded
werden? Sind wir glücklicher, wenn wir unser (digitales) Buch auf unser
brandneues, edles Tablet herunter geladen haben und es in unseren Händen halten können? Offensichtlich. „Glückwunsch, Ihr
Download wurde erfolgreich abgeschlossen.“
Sie kennen diesen Satz und die Gefühle, die dieser in Ihnen ausgelöst
hat. Wow, ich habe ihn jetzt auch,
den neuen Song, die neue App, das neue eBook meines Lieblingsautors. Doch was
könnte man den sonst machen? Denken Sie einfach an den Satz: Die Zukunft ist
immer schon (irgendwo) da.
Man könnte das
eBook einfach auf dem eBook-Server des Verlags oder des Vertriebspartners
belassen. Natürlich nicht nur das eBook, sondern das (virtuelle) Bücherregal
mit dazu, nicht nur das Standardbücherregal, sondern ein vom Kunden nach seinen
persönlichen Vorstellungen individuell gestaltetes (virtuelles) Bücherregal.
Können wir denn nicht seit langem beim Internet-Serviceprovider unseres
Vertrauens mit wenigen Klicks unsere persönliche Homepage gestalten? Laden wir
diese denn auf unseren PC herunter? Laden
wir denn nicht im Gegenteil gerade unsere Foto-, Video- und Musiksammlung, unser
Telefonverzeichnis oder wichtige Dokumente hoch
auf den Cloud-Server unseres Vertrauens? My Phonebook, myPhotos, myMusic, wo
sind sie den besser und sicherer aufbewahrt, und dazu noch übersichtlicher und
leichter auffindbar, als in der Datenwolke unseres Vertrauens? Oder war die
regelmäßige Datensicherung schon immer eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen am
PC?
Das Haben
trägt eben immer das Risiko des Verlusts mit sich. Doch vielleicht liegt gerade
darin der Zauber vom Glück des Habens, vom Glück des erfolgreichen Downloads
auf unser Gadget? Vielleicht. Dann
stünden die Marktchancen der Cloud-Dienstleister nicht so rosig aus. Doch lag
nicht schon immer auch ein ganz besonderer Zauber im Recht des Zugangs zu
einer Sache oder zu einer Person? Ich habe die Schlüsselgewalt, ich bin zugangsberechtigt, zum meinem Club, zum
Chef, zum exklusiven inneren Kreis, zu vertraulichen Informationen und Daten?
Halten wir
kurz inne, schauen wir auf heute. Nutzen Sie denn Ihr großes Universallexikon eigentlich
noch auf CD oder DVD? Oder Ihr Sprachenlexikon? In Ihrer Rolle, sagen wir als
als Jurist, Ingenieur, Wissenschaftler, wann haben Sie denn das letzte Mal auf
einer DVD nachgeschlagen oder schlagen sie bereits seit Jahren nur noch in
Online-Datenbanken nach? Privat so und beruflich anders? Und aus welchem Jahr
stammt denn Ihre letzte Lexiokon-Print-Ausgabe? Und wie stolz sind Sie auf den
Besitz ihrer 10-bändigen Printausgabe und wie stolz auf ihrem Recht des Zugangs
zur stets aktuellem Online-Ausgabe? Aber privat lesen Sie gerne Historienromane
und die möchten Sie alle auf Ihrem Tablet gespeichert haben, neben ihrer Musik-
und Fotosammlung und immer bei sich haben?
Und bei den (noch) teuren mobilen Online-Tarifen wäre das permanente
Online-Lesen ja gar nicht zu bezahlen. Oder doch? Bücher erzeugen nun ja gar nicht so viel Datenvolumen
wie HD-Videos. Muss Ihr nächstes Notebook, das Sie demnächst kaufen wollen, noch
eine 1.000 GB Festplatte und ein DVD-Laufwerk haben? Oder reicht Ihnen schon
ein 128 GB SSD Speicher und ein SD-Kartenleser? Oder werden Sie gar kein
Notebook mehr kaufen, sondern wie viele andere nur noch ein Tablet? Weil Sie jetzt doch davon überzeugt sind, dass
das Internet eigentlich heißt: „everything, anytime, anyplace“, also das Ende
der Entfernungen?* Entscheidend sei nur der Zugangs-„Schlüssel“ (Smartphone, Tablet,
PC, any Gadget), also der technische
und rechtliche Access. Also doch vom Glück
des Habens zum Glück des Zugangs?
Ganz egal, Sie haben Ihre persönliche Entscheidung bereits getroffen. Schauen
Sie einfach auf Ihr heutiges Portfolio, dann sehen sie, welche. Doch man kann
sich verändern. Unsere Umwelt tut dies auch permanent.
Halten wir
nochmal inne. Wir müssen hier (Haben versus Zugang) wohl (noch) differenzieren.
Nicht jeder Klavierspieler legt heute schon sein Tablet auf den Notenhalter, um
vom Musikserver des Musikverlags per Sprachsteuerung genau die Noten online abzurufen,
die er gerade jetzt spielen möchte und nicht jeder Klavierbauer baut heute
schon einen digitalen Bildschirm mit Internetzugang und Musiknoten-Flatrate in
sein Klavier ein. Das ist doch nicht mein Markt, sagt er. Das überlässt er gerne
den Keyboard-Herstellern. Und die Informationswünsche eines Ingenieurs oder
Juristen sind andere, als die eines Science-Fiction-Romane Liebhabers oder
eines Schülers in der gymnasialen Oberstufe. Doch alle haben sich längst daran
gewöhnt, dass die Online-Zeitung online
ist. Die Zeitung von heute auf das Tablet herunterladen, nur um sie zu besitzen?
Sie sagen es. Blödsinn. Hier zählt dann doch nur das Glück des Zugangs. Fragt
sich dann nur, wie lange das Download-Glück
der „Hochglanz“-Monatsmagazine-Apps noch anhalten wird?
Also für mich
ist die Sache klar. Die Halbwertszeit der Download-Produkte ist überschaubar
und weit kürzer, als die ihrer bereits antiquiert wirkenden Vorgänger im Kleide
der CD/DVDs. Und wie war das noch? Auch mit Harry Potter lässt sich online in Zukunft noch eine Menge Geld
verdienen.
Falls Sie Buch-Verleger
oder Business Development Manager sind, vielleicht lohnt es sich, in Ihrem
Markt- und Kundensegment, die jetzt startende Download-eBook-Welle auszulassen, anstatt ihr mit teurem Geld
hinterherzurennen. Sie ersparen sich eine Menge technischer Probleme und proprietärer
Format- und Plattformabhängigkeiten. Starten Sie gleich durch mit dem Online-eBook. Die Zukunft des Buches
heißt Print (künftig Nischenmarkt) und Online
(künftig Breitenmarkt). Das Haben-Glück
verteilt sich auf das schöne, edle, hochwertige, teure gedruckte Buch, das ich
in die Hand nehmen und besitzen kann und auf das haptisch-edle Tablet, meinem virtuellen
Türschlüssel zum Zugangs-Glück.
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*) Falls Sie
diesen Punkt vertiefen möchten, empfehle ich Ihnen die Thesen drei und vier in
diesem Blog.