Montag, 5. Mai 2014

„Do Not Track“ vor dem Aus? Wer gewinnt im Internet: Maßanzug oder Vertrauen?

Wie u.a. heise-online und spiegel-online am Wochenende berichteten, verabschiedet sich jetzt auch yahoo von der Datenschutzfunktion ´Do Not Track`. “As of today, web browser Do Not Track settings will no longer be enabled on Yahoo.” meldete das "Yahoo Privacy Team"  letzte Woche  auf tumblr. Und dies zu einer Zeit, in der die Öffentlichkeit durch den NSA-Skandal besonders sensibel in Sachen #Datenschutz reagiert.

Yahoo liefert die Begründung gleich mit: “We fundamentally believe the best web is a personalized one.” Da stimmen nun sicherlich viele fast alle Internetnutzer zu. Ist doch gerade die personalisierte und kontextuell-maßgenschneiderte Information ein originärer Nutzenvorteil gegenüber dem gedruckten Medium. Dies gilt für Fachinformationen wie für Tagesmedien wie für Social Media. Jeder Leser möchte jederzeit und auf allen Medienträgern den informationellen Maßanzug: top-aktuell, persönlich relevant und mit hohem Nutzwert. Wie soll das möglich sein, ohne das Surf-Verhalten der Internet-Nutzer immer genauer, umfassender und smarter auszuwerten?
 
Yahoo jedenfalls weiß keine Lösung (mehr) hierfür und entscheidet sich für weniger Datenschutz und für mehr Maßanzug. In diesem Beispiel wird einmal mehr der zentrale Grundkonflikt der Geschäftsmodelle im Internet sichtbar: Gib (User) mir deine Daten und ich (Internetplayer) gebe dir maßgeschneiderte Inhalte und Services und das kostenlos.
Die Preisgabe persönlicher Informationen war im analogen Informationszeitalter nicht erforderlich. Wir haben gar nicht darüber nachgedacht, was das ist. Und wir haben überhaupt nicht mitbekommen, wann und wie wir unsere persönlichen Daten dem Internet anvertraut haben. Und wenn ich mir vor Augen halte, was die nächste Generation heute in unseren Schulen darüber lernt, nämlich nichts, wundere ich mich, weshalb die etablierten Medien heute lauthals fehlenden Datenschutz beklagen und einklagen. Die großen Player scheinen ja kein Problem zu haben, den Kunden künftig nicht mehr, sondern weniger Datenschutz zu bieten. Kennen die Ihre Kunden nicht, obwohl sie so umfassende Daten über ihn haben? Hat also nur die informationelle Medien-Elite ein Problem damit, nicht aber die erste Milliarde von Alltags-Nutzern von facebook und Co.?
Das #Geschäftsmodell der heutigen Internetriesen beruht auf Gedeih und Verderb auf weiterem Wachstum. Mehr User heißt mehr Geschäftsmöglichkeiten, heißt mehr Umsatz. Und inzwischen ist eindeutig klar, was der Kunde im 21. Jahrhundert im Internet will: kostenlose und individuell-maßgeschneiderte Informationen und Services. Heute technisch kein Problem mehr. Die Ingenieure von Google, facebook und Co. haben in den letzten 10 Jahren gute Arbeit geleistet. Auch juristisch bislang kein Problem. Auch die Juristen habe gute Arbeit geleistet. Die spannende Frage ist jetzt nur: Wird die erste Internetgeneration im Internet bleiben, auch ohne echten Datenschutz? Und wird auch die zweite Milliarde von Nutzern ins Internet gehen, auch ohne echten Datenschutz?
Wenn ja, ist alles gut für die großen Internetplayer. Die Aktionäre können sich freuen. Wenn nein? Dann allerdings haben die Ingenieure von Google und Co. eine neue Herausforderung zu bewältigen. Dann wird die Frage zu beantworten sein: Geht denn nicht beides? Echter Datenschutz und Maßanzug? Schießt sich das wirklich aus? Gibt es wirklich keine technischen Lösungen, unsere persönlichen Daten so zu organisieren und zu speichern, dass unsere Anonymität gewährleistet wird und wir dennoch individuelle Lösungen erhalten?
Es gibt natürlich noch eine zweite Lösung. Wir alle kennen diese aus unserem Privatleben. Wir nennen sie #Vertrauen. Dies ist die psychologische Lösung. Grundsätzlich ja denkbar, dass wir auch Firmen unser Vertrauen schenken und ihnen unsere persönlichen Daten und Geheimnisse zu treuen Händen anvertrauen, wie wir dies bei sehr guten Freunden tun. Dann allerdings benötigen die großen Internetplayer zwei neue Kompetenzen: Einmal Ingenieure, die wirklich technisch garantieren können, dass unsere Daten bei Ihnen gegen Datendiebstahl und Datenmissbrauch sicher sind und zweitens gute Manager und Psychologen, die uns mit umfassender Transparenz zeigen können, das unsere Daten vertrauensvoll genützt werden, genau so, wie wir dies von guten Freunden erwarten.
Wer gewinnt? Für mich keine Frage: Langfristig gewinnt nur Vertrauen. Wer wirklich langfristige Geschäftsmodelle und Strategien entwickeln will, kommt um den kritischen Erfolgsfaktor Vertrauen nicht umhin.
Gibt es ein Risiko? Ja, das kurzfristige Optimierungsdenken. Wie im realen Leben auch halt. Fortsetzung folgt.