Mittwoch, 11. Juni 2014

Strategische Kennzahlen für Fachverlage im Medienwandel (1)

Sie kennen den Spruch „Die Zukunft ist immer schon da“, um auszudrücken, dass die Innovations-entwicklung stets ungleich verläuft. Manche Marktsegmente und Marktteilnehmer gehören zu den frühen Pionieren, andere verlassen erst später die angestammten Geschäftsfelder, manche nie. Dann allerdings greift der Spruch: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“. Die Botschaft ist berechtigt, doch ebenso berechtigt ist der Spruch „Wer dem Markt zu weit voraus marschiert, auch der verliert den Kontakt zu den Kunden“. Beispiele gibt es zu Hauf.

Die Marktsituation und die interne Situation sind häufig für jedes Unternehmen sehr unterschiedlich. Damit ist der „richtige“ Zeitpunkt für die Anpassung der bestehenden Prozesse und Produkte an neue Marktgegebenheiten ebenso unterschiedlich. Die Kunst ist zu erkennen, wann für das eigene Unternehmen der beste Zeitpunkt ist. Ich verwende das Wort Kunst und nicht Wissenschaft, da das Erkennen dieses richtigen Zeitpunkts mindestens zu 50% Kunst und höchstens zu 50% Wissenschaft ist. Könnte man den richtigen Zeitpunkt wissenschaftlich berechnen, gäbe es schlichtweg nur erfolgreiche Unternehmen im Markt.

Heute wird durch die massive Berichterstattung über die neue Zauberformel „Big Data“ wieder einmal der verführerische Eindruck erzeugt, künftiger Markterfolg ließe sich wissenschaftlich-rational berechnen. Ich meine: Sicher, in vielen Fällen, aber sicher in vielen Fällen eben nicht. Seit Clayton M. Christensen mit seinem klugen Buch The Innovator’s Dilemma (1997) die Theorie der disruptiven Innovation zum strategischen Allgemeingut werden ließ,  ist jedoch die Aufgabe, den richtigen Zeitpunkt zu erkennen, eine Pflichtaufgabe für jeden Manager geworden. Genau zwei Methoden stehen hierfür zur Verfügung: Intuitive Heuristik und empirische Marktdaten.

Ich denke, auch in Ihrem Unternehmen spielen eigentlich schon immer beide Ansätze eine Rolle, häufig in unterschiedlicher, auch leidenschaftlicher Ausprägung. Trotz vieler psychologischer Studien darüber, wie wir Entscheidungen im Wirtschaftsleben treffen, nämlich immer mit einem großen Anteil an intuitiver Heuristik, tun wir in unseren Geschäftsberichten meistens so, als ob alle Entscheidungen daten-mäßig abgesichert wären.
Die Start-up-Kultur „start quick, fail fast“ ist für die traditionell vorsichtige Verlagslandschaft nicht wirklich opportun. Dennoch, start quick (intuitive Heuristik) und fail fast (empirische Daten) bringt die Verbindung der beiden Methoden perfekt auf den Punkt. Es sind nämlich keine konkurrierenden sondern sich ergänzende Methoden, letztlich zwei Seiten einer Medaille.

Reale Entscheidungen liegen immer irgendwo im Kontinuum zwischen Sicherheit und Unsicherheit. Wichtig ist daher, getroffene Entscheidungen mit der Umsetzung sofort empirisch zu begleiten, um möglichst schnell ausreichend Daten über Erfolg oder Nicht-Erfolg genieren zu können. Denn je früher man ein neu begonnenes Projekt richtigerweise abbricht, desto geringer sind die verlorenen Projektkosten. Richtigerweise heißt, dass die Entscheidung zum Abbruch eben auch richtig ist, das heißt, dass das neue Projekt aufgrund der gewonnen empirischen Daten, keinen Markterfolg haben wird.  Dumm wäre natürlich, wenn man aus „Ängstlichkeit“ ein Projekt vorschnell als nicht marktfähig bewertet und abbricht.
In den nächsten Wochen werde ich mit einer kleinen Reihe „strategische Kennzahlen“ einige Kennzahlen für das Erkennen fundamentaler Marktveränderungen erläutern. (Zum Unterschied zwischen operativen und strategischen Kennzahlen sei auf den Blogeintrag „Strategisches Controlling“ verwiesen.)

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